Ein Freund für alle - Autobiografie - Sun Myung Moon - Mein Leben für den Weltfrieden

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- Kapitel 1 - Nahrung ist Liebe -



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Ein Freund für alle


Wenn ich mich einmal entschlossen habe, etwas zu tun, dann muss ich es sofort in die Tat umsetzen, sonst kann ich nicht schlafen. Als Kind bekam ich manchmal in der Nacht eine Idee, war aber gezwungen, bis zum Morgen zu warten, bevor ich sie ausführen konnte. Ich blieb wach und machte Kratzer an der Wand, damit die Zeit verging. Das geschah so oft, dass ich beinahe ein Loch in die Wand kratzte und sich am Boden Brocken aus Lehm und Putz häuften. Ich konnte auch nicht schlafen, wenn ich während des Tages unfair behandelt worden war. In einem solchen Fall stand ich in der Nacht auf, ging zum Haus des Übeltäters und forderte ihn auf, herauszukommen und mit mir zu kämpfen. Ich bin sicher, dass es für meine Eltern sehr schwer war, mich großzuziehen.


Ich konnte es nicht ertragen, wenn jemand in meinem Beisein ungerecht behandelt wurde. Immer wenn es unter den Kindern im Dorf einen Streit gab, mischte ich mich ein, als wäre ich dafür verantwortlich, dass der Gerechtigkeit in allen Situationen Genüge getan würde. Ich entschied damals, welches Kind im Streit unfair gewesen war, und schimpfte dieses mit lauter Stimme aus. Einmal ging ich zum Großvater eines Jungen, der in der Nachbarschaft als Raufbold bekannt war. Ich sagte zu ihm: „Ihr Enkelsohn hat dies und jenes falsch gemacht. Bitte kümmern Sie sich darum.“

Ich konnte sehr wild sein, aber trotzdem war ich ein Kind mit einem großen Herzen. Manchmal besuchte ich meine verheiratete ältere Schwester im Haus der Familie ihres Mannes und verlangte von ihnen Reiskuchen und Huhn für mich. Trotzdem lehnten mich die Erwachsenen deswegen niemals ab, denn sie konnten sehen, dass mein Herz voll herzlicher Liebe war.

Ich war besonders gut im Umgang mit Tieren. Wenn Vögel auf einem Baum neben unserem Haus ein Nest bauten, dann grub ich ein kleines Wasserloch, damit sie trinken konnten. Als Futter für sie verstreute ich auf dem Boden geschälte Hirse aus dem Vorratsraum. Anfangs flogen die Vögel weg, wenn jemand in ihre Nähe kam. Aber sie bemerkten bald, dass die Person, die sie fütterte, jemand war, der sie liebte, und bald flogen sie nicht mehr weg, wenn ich mich ihnen näherte.

Einmal versuchte ich Fische zu züchten. Ich fing einige Fische und tat sie in ein Wasserloch. Ich nahm auch eine Hand voll Fischfutter und streute es auf das Wasser. Als ich am nächsten Morgen aufstand und nachsah, fand ich jedoch alle Fische tot vor, sie waren während der Nacht gestorben. Ich hatte mich so darauf gefreut, diese Fische aufzuziehen. Nun stand ich verwundert da und sah, wie sie auf der Wasseroberfläche dahintrieben. Ich erinnere mich, dass ich den ganzen Tag lang geweint habe.

Mein Vater hatte viele Bienenvölker. Er nahm einen großen Bienenstock und befestigte einen Rahmen am Boden des Stockes, damit die Bienen aus ihrem Wachs ihre Waben bauen und darin ihren Honig einlagern konnten. Ich war ein neugieriges Kind und wollte dabei zusehen, wie die Bienen ihren Stock bauten. Ich steckte also mein Gesicht mitten in den Stock hinein und wurde von den Bienen ganz schlimm gestochen, was zur Folge hatte, dass mein ganzes Gesicht furchtbar anschwoll.

Ein anderes Mal entfernte ich den Wachsrahmen aus den Bienenstöcken und wurde dafür von meinem Vater heftig ausgeschimpft. Wenn die Bienen mit dem Bau ihres Stockes fertig waren, nahm mein Vater die Rahmen und stapelte sie auf eine Seite. Diese Rahmen waren voll mit Bienenwachs, das statt Öl als Lampenfüllung verwendet werden konnte. Ich nahm diese wertvollen Bienenwaben, zerstückelte sie und nahm sie zu anderen Familien mit, die es sich nicht leisten konnten, Öl für ihre Lampen zu kaufen. Es war eine Geste der Freundlichkeit, aber ich hatte dies ohne die Erlaubnis meines Vaters getan und so wurde ich dafür sehr harsch zurechtgewiesen.

Als ich zwölf war, hatten wir keine große Auswahl an Spielen. Zur Wahl standen eine Art „Mensch-Ärgere-Dich-Nicht“, genannt Yut, eine Art Schach, genannt Janggi, und Kartenspiele. Ich genoss es immer, wenn viele Menschen miteinander spielten. Während des Tages spielte ich gerne Yut oder ließ Drachen steigen und an den Abenden ging ich im Dorf herum und nahm an den Kartenrunden teil. Das waren Spiele, bei denen der Sieger jeder Runde 120 Won (koreanische Währung) gewinnen konnte, und ich konnte für gewöhnlich bei drei Runden wenigstens einmal gewinnen.

Der Abend vor dem Neujahrstag und der erste Vollmond des neuen Jahres waren die Tage, an denen die meisten Glücksspiele stattfanden. An diesen Tagen drückte die Polizei ein Auge zu und nahm niemanden wegen der Spielerei fest. Ich ging dorthin, wo die Erwachsenen spielten, machte in der Nacht ein Nickerchen und zeitig gegen Morgen, gerade bevor sie aufhören wollten, brachte ich sie dazu, mich die letzten drei Runden mitspielen zu lassen. Ich nahm das gewonnene Geld, kaufte Essen, Spielsachen, Süßigkeiten und kleine Geschenkpäckchen für meine Freunde und für arme Kinder in den umliegenden Dörfern. Ich benutzte das Geld nicht für mich selbst oder für eine schlechte Sache. Wenn die Ehemänner meiner älteren Schwestern bei uns zuhause auf Besuch waren, bat ich sie um Erlaubnis, Geld aus ihrer Geldbörse nehmen zu dürfen. Dieses Geld verwendete ich dann dazu, Süßigkeiten für bedürftige Kinder zu kaufen. Ich kaufte ihnen auch süßen Sirup.

Normalerweise leben in jedem Dorf Leute, denen es etwas besser geht, und andere, denen es nicht so gut geht. Wenn ich ein Kind sah, das gekochte Hirse zum Mittagessen mit in die Schule brachte, konnte ich meine bessere Reismahlzeit nicht essen. Darum tauschte ich meinen Reis mit seiner Hirse. Ich fühlte mich den Kindern aus armen Familien näher als denen aus reichen Familien und wollte mich darum kümmern, dass sie nicht hungern müssten. Das war eine Art Spiel, das mich am meisten freute. Ich war noch ein Kind, aber ich wollte ein Freund für alle sein. Eigentlich wollte ich mehr als nur ein Freund sein, ich wünschte mir tiefste Herzensbeziehungen mit ihnen.

Einer meiner Onkel war ein habgieriger Mann. Seiner Familie gehörte ein Melonenfeld nahe der Dorfmitte. Jeden Sommer, wenn die Melonen reif waren und einen süßen Duft verströmten, baten ihn die Dorfkinder um Erlaubnis, ein paar davon essen zu dürfen. Mein Onkel jedoch, der nicht bereit war, auch nur eine einzige Melone mit ihnen zu teilen, baute am Weg neben dem Melonenfeld ein Zelt auf und setzte sich davor, um das Feld zu bewachen.

Eines Tages ging ich zu ihm und fragte: „Onkel, wäre es für dich in Ordnung, wenn ich einmal auf dein Feld gehe und so viel von den Melonen esse, wie ich möchte?“ Der Onkel sagte bereitwillig: „Aber sicher, gerne.“ Ich verbreitete die Nachricht unter den Kindern, dass sich alle, die Melonen essen möchten, mit einem Leinensack um Mitternacht vor meinem Haus ein finden sollten. Um Mitternacht führte ich sie zum Melonenfeld meines Onkels und sagte zu ihnen: „Ich möchte, dass jeder von euch eine Reihe Melonen pflückt, und macht euch um nichts Sorgen!“ Die Kinder jubelten vor lauter Freude und rannten in das Melonenfeld. Es dauerte nur wenige Minuten, um einige Reihen Melonen kahl zu pflücken. In dieser Nacht saßen die hungrigen Kinder des Dorfes in einem Kleefeld und aßen Melonen, bis sie fast platzten.

Am nächsten Tag gab es großen Ärger. Ich ging zum Hof meines Onkels und dort gab es einen Tumult wie in einem aufgescheuchten Bienenstock. „Du Schlingel“, schrie mich mein Onkel an. „Hast du das gemacht? Bist du derjenige, der meinen Melonenanbau, die Arbeit eines ganzen Jahres, ruiniert hat?“

Egal, was er auch sagte, ich gab nicht nach. „Onkel“, sagte ich, „erinnerst du dich nicht? Du hast zu mir gesagt, ich könne so viele Melonen essen, wie ich möchte. Die Dorfkinder wollten Melonen essen und ihr Verlangen ist mein Verlangen. War es denn nicht richtig von mir, jedem von ihnen eine Melone zu geben, oder hätte ich ihnen gar keine geben sollen?“ Als mein Onkel das hörte, sagte er: „Schon gut, du hast Recht.“ Damit war auch sein Ärger vorbei.



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