UN-Streitkräfte öffnen das Gefängnistor - Autobiografie - Sun Myung Moon - Mein Leben für den Weltfrieden

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- Kapitel 2 - Ein Fluss von Tränen fliesst in meinem Herzen -



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UN-Streitkräfte öffnen das Gefängnistor


Während ich in Heungnam gefangen war, begann der Koreakrieg. Drei Tage, nachdem er angefangen hatte, gab die südkoreanische Armee die Hauptstadt Seoul auf und zog sich weiter nach Süden zurück. Danach formten 16 Nationen unter der Führung der Vereinigten Staaten von Amerika eine UN-Streitmacht und griffen in den Koreakrieg ein. Die US-Marine landete in Incheon und stieß nach Wonsan vor, eine bedeutende Industriestadt in Nordkorea.


Es war ganz logisch, dass das Heungnam-Gefängnis und die Fabrik ein Ziel für die US-Luftangriffe waren. Als das Bombardement begann, ließen die Gefängniswachen die Gefangenen zurück und gingen in die Luftschutzbunker. Sie waren überhaupt nicht darum besorgt, ob wir leben oder sterben würden. Eines Tages erschien Jesus direkt vor mir. Sein Gesicht war voller Tränen. Eine starke Vorahnung stieg in mir auf und so rief ich laut: „Jeder bleibt innerhalb eines Umkreises von zwölf Metern in meiner Nähe!“ Bald darauf schlug eine gewaltige Bombe ein und explodierte. Nur die Gefangenen, die nicht mehr als zwölf Meter von mir entfernt waren, überlebten.

Als das Bombardement intensiver wurde, begannen die Wächter, die Gefangenen zu exekutieren. Sie riefen die Nummern der Gefangenen auf und befahlen, dass sie mit einer Nahrungsration für drei Tage und einer Schaufel kommen sollten. Die Gefangenen nahmen an, dass sie in ein anderes Gefängnis verlegt würden. Aber in Wirklichkeit marschierten sie in die Berge, mussten dort ein Loch graben und wurden dann dort verscharrt. Die Gefangenen wurden nach der Länge ihrer Verurteilung aufgerufen, wobei die, deren Verurteilung am längsten war, als Erste aufgerufen wurden. Mir wurde klar, dass ich am nächsten Tag an der Reihe sein würde.

In der Nacht vor meiner geplanten Exekution fielen die Bomben wie ein Monsun-Regen. Es war der 13. Oktober 1950. Die US-Streitkräfte, die bei der Landung in Incheon erfolgreich gewesen waren, marschier-ten die Halbinsel hinauf, um Pyeongyang einzunehmen, und rückten nun auf Heungnam vor. In jener Nacht griff das US-Militär, angeführt von den B29-Bombern, Heungnam mit voller Kraft an. Das Bombardement war so heftig, dass Heungnam in einem Feuermeer zu versinken schien. Die hohen Mauern um das Gefängnis herum begannen zu fallen und die Wächter rannten um ihr Leben.

Endlich öffnete sich das Gefängnistor, das uns so lange den Weg in die Freiheit versperrt hatte. Ungefähr um 2 Uhr morgens des nächsten Tages ging ich ruhig und mit Würde aus dem Heungnam-Gefängnis.

Ich war in Heungnam und Pyeongyang zwei Jahre und acht Monate eingesperrt gewesen. Daher war mein Aussehen dementsprechend heruntergekommen. Meine Unterwäsche und meine Kleidung waren zerfetzt. In diese Lumpen gekleidet, ging ich nicht in meine Heimatstadt, sondern zusammen mit einer Gruppe von Männern, die mir im Gefängnis gefolgt waren, nach Pyeongyang. Einige beschlossen, mit mir zu kommen, anstatt ihre Ehefrauen und Kinder zu suchen. Ich konnte mir sehr genau vorstellen, wie meine Mutter jeden Tag aus Sorge über mein Wohlbefinden weinte. Es war jedoch wichtiger, sich um die Mitglieder meiner Gemeinde in Pyeongyang zu kümmern.

Auf dem Weg nach Pyeongyang konnten wir deutlich sehen, wie sich Nordkorea auf diesen Krieg vorbereitet hatte. Die großen Städte waren alle mit zweispurigen Straßen, die im Notfall für militärische Zwecke verwendet werden konnten, verbunden. Viele Brücken waren mit genügend Zement gebaut worden, um das Gewicht von 30 Tonnen schweren Panzern auszuhalten. Der Dünger, den die Gefangenen in Heungnam unter Einsatz ihres Lebens in Säcke gefüllt hatten, wurde nach Russland geschickt im Austausch für veraltete, aber immer noch tödliche Waffen, die dann entlang des 38. Breitengrades zum Einsatz kamen.

Sobald ich in Pyeongyang ankam, ging ich auf die Suche nach den Mitgliedern, die vor meiner Inhaftierung mit mir gewesen waren. Ich musste herausfinden, wo und in welcher Situation sie sich befanden. Der Krieg hatte sie alle zerstreut, aber ich fühlte mich dafür verantwortlich, sie zu finden und ihnen zu helfen, ihr Leben weiterzuführen. Ich wusste nicht, wo sie mittlerweile wohnten, und so gab es nur die Möglichkeit, die Stadt Pyeongyang von einem Ende bis zum anderen abzusuchen.

Nach einer Woche der Suche hatte ich nur drei oder vier Personen gefunden. Ich hatte noch etwas Reispulver, das ich während meiner Gefangenschaft erhalten hatte. Ich mixte es mit Wasser und machte Reiskuchen, um ihn mit den anderen zu teilen. Auf dem Weg von Heungnam hatte ich meinen Hunger mit ein oder zwei Kartoffeln, die hartgefroren waren, gestillt. Ich hatte das Reispulver noch nicht angerührt. Allein zu sehen, wie eifrig sie den Reiskuchen aßen, machte mich schon satt.

40 Tage blieb ich in Pyeongyang und suchte jeden, an den ich mich nur irgendwie erinnern konnte, egal ob Jung oder Alt. Am Ende konnte ich nicht herausfinden, was mit den meisten von ihnen geschehen war. Aber sie blieben immer in meinem Herzen.

In der Nacht des 2. Dezember machte ich mich auf den Weg in den Süden. Won Pil Kim und ich folgten einer langen Kolonne von Flüchtlingen, die etwa zwölf Kilometer lang war. Wir nahmen sogar einen Mann mit, der nicht gut gehen konnte. Er war einer von jenen, die mir im Heungnam-Gefängnis gefolgt waren. Sein Familienname war Pak. Er war vor mir freigelassen worden. Als ich ihn in seinem Haus fand, war seine ganze Familie bereits nach Süden aufgebrochen. Er war allein im Haus und hatte ein gebrochenes Bein. Ich setzte ihn auf ein Fahrrad und nahm ihn mit.

Die nordkoreanische Armee hatte bereits die breiten Straßen für militärische Zwecke zurückerobert. Daher legten wir den Weg über gefrorene Reisfelder zurück und gingen so schnell wir nur konnten nach Süden. Die chinesische Armee war nicht weit hinter uns. Aber es war sehr schwierig, sich schnell fortzubewegen, da wir jemanden mit uns hatten, der nicht gehen konnte. Der Weg war so schlecht, dass ich ihn die Hälfte der Zeit auf meinem Rücken trug, während ein anderer das leere Fahrrad schob. Er sagte immer wieder, dass er für mich keine Belastung sein wolle, und einige Male versuchte er sich das Leben zu nehmen. Ich überzeugte ihn, weiterzugehen, wobei ich manchmal laut mit ihm schimpfte. Wir blieben bis zum Ende zusammen.

Wir waren Menschen auf der Flucht, die auch essen mussten. Wir gingen in Häuser, deren Bewohner schon vor uns in den Süden gegangen waren, und suchten nach Reis oder anderen essbaren Dingen, die vielleicht zurückgelassen worden waren. Wir kochten alles, was wir fanden, ob Reis, Gerste oder Kartoffeln. Auf diese Weise konnten wir gerade so überleben.

Es gab keine Reisschüsseln und wir mussten Holzstücke als Essstäbchen verwenden, aber das Essen schmeckte gut. Die Bibel sagt: „Selig sind die Armen“, nicht wahr? Wir konnten alles essen, was unsere Mägen zufrieden knurren ließ. Ein bescheidener Gerstenkuchen schmeckte so gut, dass wir nicht einmal auf das Mahl eines Königs neidisch gewesen wären. Egal wie hungrig ich auch sein mochte, ich achtete immer darauf, dass ich vor den anderen mit dem Essen aufhörte. So konnten die anderen immer ein bisschen mehr essen.

Nach einem langen Marsch näherten wir uns dem nördlichen Ufer des Flusses Imjin. Irgendwie fühlte ich, dass es wichtig war, diesen Fluss so schnell wie möglich zu überqueren, und dass wir keine Zeit mehr hatten. Ich spürte ganz stark, dass wir dieses Hindernis überwinden mussten, um am Leben zu bleiben. Erbarmungslos trieb ich Won Pil Kim vorwärts. Kim war jung und schlief manchmal beim Gehen ein. Aber ich drängte ihn immer weiter und schob das Fahrrad. In dieser Nacht legten wir 32 Kilometer zurück und erreichten so das Ufer des Flusses Imjin. Glücklicherweise war der Fluss fest zugefroren. Wir folgten einigen Flüchtlingen, die vor uns über den Fluss gingen. Eine lange Schlange von Flüchtlingen erstreckte sich hinter uns. Gerade als wir den Fluss überquert hatten, schlossen die UN-Streitkräfte den Übergang und ließen keine Menschen mehr hinüber. Wären wir nur ein paar Minuten später am Fluss angekommen, hätten wir ihn nicht mehr überqueren können.

Nach der Überquerung schaute Won Pil Kim zurück auf den Weg, den wir gekommen waren, und fragte: „Woher wusstest du, dass der Flussübergang bald geschlossen würde?“ „Irgendwie habe ich es einfach gewusst“, erwiderte ich. „Solche Dinge passieren oft denen, die dem Weg des Himmels folgen. Menschen wissen oft nicht, dass die Rettung gerade hinter dem nächsten Hindernis liegt. Wir durften keinen einzigen Moment vergeuden. Wenn es notwendig gewesen wäre, hätte ich dich am Genick gepackt und hinübergezogen.“

Won Pil Kim schien von meinen Worten bewegt zu sein, aber ich fühlte mich unwohl im Herzen. Als wir den Punkt erreichten, an dem der 38. Breitengrad die Halbinsel teilte, stellte ich einen Fuß auf Südkorea und einen auf Nordkorea und begann zu beten. „Jetzt werden wir auf diese Weise südwärts gedrängt, aber bald werde ich in den Norden zurückkehren. Ich werde die Kräfte der freien Welt hinter mir versammeln, um Nordkorea zu befreien und Nord und Süd zu vereinigen.“

So betete ich die ganze Zeit, während wir uns mit den Flüchtlingen auf dem Weg in den Süden befanden.




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