Wie ein lodernder Feuerball - Autobiografie - Sun Myung Moon - Mein Leben für den Weltfrieden

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- Kapitel 2 - Ein Fluss von Tränen fliesst in meinem Herzen -



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Wie ein lodernder Feuerball


Nachdem ich 1942 die Kyeongseong-Schule abgeschlossen hatte, reiste ich nach Japan, um dort weiterzustudieren. Ich ging, weil ich das Gefühl hatte, ich sollte Japan genau kennen lernen. Im Zug nach Busan konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten. Ich bedeckte mich mit meinem Mantel und weinte laut. Meine Nase lief und mein Gesicht schwoll an, so sehr weinte ich. Es bedrückte mich, dass ich meine Heimat unter dem Joch kolonialer Herrschaft zurücklassen musste. Ich blickte weinend aus dem Fenster und konnte sehen, dass die Berge und Flüsse in noch größerem Kummer weinten als ich. Ich sah mit meinen eigenen Augen, wie Tränen vom Gras und von den Bäumen flossen. Als ich diese Vision hatte, sagte ich: „Ich verspreche den Bergen und Flüssen meiner Heimat, dass ich zurückkommen und meinem Land die Freiheit bringen werde. Weint also nicht, sondern wartet auf mich.“


Am 1. April um zwei Uhr morgens ging ich an Bord der Fähre, die von Busan nach Shimonoseki fuhr. In dieser Nacht gab es einen starken Sturm, aber ich brachte es nicht über mich, das Deck zu verlassen. Ich blieb dort und beobachtete, wie die Lichter von Busan immer kleiner wurden. Ich blieb bis zum Morgen auf dem Deck. Nachdem ich in Tokio angekommen war, meldete ich mich an der Waseda Koutou Kougakko- Schule für Elektrotechnik an. Sie war der Waseda-Universität angeschlossen. Ich entschied mich für Elektrotechnik, weil ich dachte, ich könnte keine neue religiöse Philosophie begründen, ohne die moderne Elektrotechnik zu kennen.

Die unsichtbare Welt der Mathematik und Religion haben etwas Gemeinsames. Um Bedeutendes zu erreichen, muss man in der Beweisführung überzeugend sein. Vielleicht war ich auf Grund meines großen Kopfes gut in Mathematik, was anderen schwer fiel, und ich hatte Freude daran, Mathematik zu studieren. Mein Kopf war so groß, dass es schwierig für mich war, einen passenden Hut zu finden. Ich musste immer zweimal zu einem Hutmacher gehen, weil ich mir einen Hut nach Maß bestellen musste. Die Größe meines Kopfes mag auch die Ursache dafür sein, dass ich fähig bin, mich auf etwas intensiv zu konzentrieren und es relativ rasch zu Ende zu führen, während andere dafür Jahre brauchen.

Während meines Studiums in Japan überschüttete ich meine Lehrer mit Fragen, so wie ich es auch in Korea getan hatte. Wenn ich einmal mit dem Fragen begonnen hatte, hörte ich gar nicht mehr auf. Manche Lehrer taten so, als würden sie mich nicht sehen, und ignorierten mich, wenn ich fragte: „Was denken Sie darüber?“ Wenn mir etwas unklar schien, war ich nicht zufrieden, bis ich der Sache auf den Grund gegangen war. Es war nicht meine Absicht, die Lehrer in Verlegenheit zu bringen. Ich hatte nur den Wunsch, den Gegenstand, den ich studierte, ganz genau kennen zu lernen. Auf meinem Tisch im Wohnheim lagen immer drei aufgeschlagene Bibeln nebeneinander. Eine war in Koreanisch, eine in Japanisch und eine in Englisch. Ich las immer wieder jede Passage in diesen drei Sprachen. Wenn ich einen Absatz gelesen hatte, unterstrich ich einige Verse und machte mir am Rand Notizen, bis die Seiten meiner Bibeln mit schwarzer Tinte bedeckt und mit der Zeit schwer zu lesen waren.

Kurz nachdem die Schule begonnen hatte, nahm ich an einer Veranstaltung der Gesellschaft der Koreanischen Studenten teil, um die neu aus Korea angekommenen Studenten willkommen zu heißen. Ich sang dort mit großer Leidenschaft ein Lied aus unserer Heimat und zeigte so jedem meine Liebe für mein Land. Die japanische Polizei war anwesend. Man erwartete zu jener Zeit, dass die Koreaner sich ganz in die japanische Kultur integrierten. Dennoch sang ich stolz das koreanische Lied. Duk Mun Eom, der in diesem Jahr das Architekturstudium begonnen hatte, war tief bewegt, als er mich dieses Lied singen hörte. Wir wurden zu lebenslangen Freunden. Zu dieser Zeit hatten koreanische Studenten, die in verschiedenen Schulen im Raum Tokio eingeschrieben waren, im Untergrund eine Unabhängigkeitsbewegung gegründet. Das war nur natürlich, da unser Heimatland unter der japanischen Kolonialherrschaft qualvoll litt.

Diese Bewegung war eine Antwort auf das, was die Japaner „den großen ostasiatischen Krieg“ (1937-1945) nannten. Als sich dieser Krieg verschärfte, fing Tokio an, koreanische Studenten als „Studenten-Soldaten“ zwangszurekrutieren und an die Front zu schicken. Die Arbeit unserer Untergrundbewegung für die Unabhängigkeit Koreas wurde durch solche Aktionen nur noch mehr angespornt. Wir hatten intensive Debatten darüber, was wir in Bezug auf Hirohito, den japanischen Herrscher, tun sollten. Ich übernahm eine wichtige Position in dieser Bewegung. Dazu gehörte, dass ich mit der provisorischen Regierung der Republik Korea, die in Schanghai saß und von Kim Gu geführt wurde, eng zusammenarbeitete. Meine Aufgaben in dieser Position verlangten von mir die Bereitschaft, gegebenenfalls mein Leben zu opfern. Ich zögerte dennoch nicht, da ich dachte, dass es für eine gerechte Sache wäre, wenn ich so sterben würde.

Neben der Waseda-Universität war eine Polizeistation. Die japanische Polizei bekam Wind von meiner Arbeit und beobachtete mich genau. Die Polizei wusste immer, wann ich vorhatte, in meinen Ferien nach Korea zurückzufahren, und folgte mir bis zum Kai, um sicher zu sein, dass ich Japan verließ. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie oft ich von der Polizei verhaftet, geschlagen, gefoltert und in eine Zelle gesperrt wurde. Aber sogar unter der härtesten Folter war ich nicht bereit, die Informationen, die sie haben wollten, preiszugeben. Je mehr sie mich schlugen, umso mutiger wurde ich. Einmal hatte ich auf der Yotsugawa-Brücke einen Kampf mit der Polizei, die hinter mir her war. Ich riss ein Stück des Brückengeländers heraus und verwendete es als Waffe. In jenen Tagen war ich wie ein lodernder Feuerball.




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